Gedenken an historischen Moment: Schipkau gedenkt dem Kriegsende vor 75 Jahren

Schipkau, den 07. 05. 2020

KLETTWITZ: 75 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges wird auch in den Ortsteilen der Gemeinde Schipkau derzeit an das damalige Geschehen erinnert. Stellvertretend für viele Erinnerungsstätten ehrte die Gemeinde die Kriegsgräberstätte auf dem Klettwitzer Friedhof mit einem Blumengebinde (im Bild). „75 Jahre nach Kriegsende werden nun auch die letzten Zeitzeugen rarer“, so Bürgermeister Klaus Prietzel, „doch man merkt allerorts, dass das Kriegsgeschehen noch immer die Menschen beschäftigt.“

Anfang April 1945 hatte die Rote Armee die Linie von Oder und Neiße erreicht und startete von hier aus die Schlacht um Berlin. Binnen weniger Tage stieß die 1. Ukrainische Front unter Marschall Konew von Forst und Muskau her in Richtung Spremberg vor. Ziel der Armee war es, rasch die Elbe zu erreichen und zugleich von südlicher Richtung her im Zuge der Reichsstraße 96 Berlin anzugreifen. Dabei kam man schneller voran als erwartet: Nach Kämpfen im Raum Spremberg wurde die Stadt am 20. April eingenommen, Senftenberg erreichte man am 21. April. Zeitzeugen berichteten, dass die Reste der Wehrmacht schneller nach Westen floh, als die Rote Armee folgen konnte.   

Am Abend des 21. April erreichte die Front das heutige Gemeindegebiet Schipkau, durch welche seinerzeit noch die Reichsstraße 96 im Abschnitt Senftenberg, Hörlitz, Klettwitz, Annahütte und weiter nach Finsterwalde verlief. Hier konnte erstmals auch die strategisch wichtige Reichsautobahn Berlin-Dresden besetzt – und damit endgültig für deutsche Transporte unterbrochen werden. Ein historisches Detail der letzten Kriegstage im Bereich der heutigen Autobahnanschlussstelle Klettwitz.

Die Gegend selbst war zuletzt scheinbar menschenleer und still. Am 18. April hatte die verbliebene Bevölkerung den Befehl zur Evakuierung Richtung Westen bekommen. Zuvor noch hatte man u. a. aus Alleebäumen Panzersperren errichtet und Brücken wie die über die Pößnitz nahe der heutigen ESSO-Tankstelle Klettwitz gesprengt. In einer beispiellosen und bis heute nicht ganz aufgeklärten Aktion evakuierte man das Lazarett im Bergmannskrankenhaus Klettwitz. Patienten wurden in herbeiorganisierte Waggons umgelagert – der Zug schaffte es noch bis Schleswig-Holstein und bewahrte damit die Menschen vor dem sicheren Tod. Zahlreiche Menschen, vor allem Frauen und Kinder, versteckten sich im Wald. Blanke Angst herrschte, und so zeugen noch heute die Urkundenbücher des Standesamtes von zahlreichen Selbsttötungen. Die Geschäfte standen offen und waren teils geplündert, Fabriken und Verkehr standen still. Am 21. April fielen dann Strom – und Wasserversorgung aus – die sprichwörtliche Stunde Null nahte.

Die Front überrollte die Region. Schon wenige Tage später stießen die Alliierten an der Elbe bei Torgau aufeinander und besiegelten die Entwicklung. Nach dem schrecklichen Geschehen bei Halbe und im Häuserkampf in Berlin endete der 2. Weltkrieg mit der Kapitulation Deutschlands Anfang Mai. „Das Kriegsende war dabei nicht das Ende, sondern der Anfang der Nachkriegszeit mit Kaltem Krieg, deutscher Teilung und schwierigem Wiederaufbau“, so der Bürgermeister, „und deren Folgen erleben wir letztlich bis heute darin, dass Ost und West nach der Wiedervereinigung zusammenfinden.“

All dies nahm im Jahre 1933 und davor seinen Anfang, und so mahnen die Kriegstoten noch heute daran, dass eine nationalistische und Menschen verachtende Politik der falsche Weg ist, der in den Abgrund führt. Dies umso mehr in diesen Tagen, wo vielerorts wieder populistische und nationalistische Strömungen an Zulauf gewinnen.

 

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